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Die Künstlerdynastie Gehri

 

Es gibt nicht viele Familien und schon gar nicht in unserer Gegend, bei denen sich ein künstlerisches Talent über drei Generationen vom Vater auf den Sohn vererbte.

Bei den Gehris vom Dägelstein in der Gemeinde Seedorf (BE) kam dieses Talent zum Tragen.

1857 (ca) Christian Gehri mit Buben.jpg

Christian Gehri (1808-1882)

Christian Gehri wurde als Sohn eines Landwirts und Viehhändlers in Riggisberg geboren. Schon früh zeigte sich bei ihm eine handwerkliche und künstlerische Begabung. Eine besondere Vorliebe zeigte er dabei für die Schnitzerei. So ging er schliesslich bei einem Drechsler und anschliessend bei einem Flachmaler in die Lehre. Mit 26 Jahren ergriff er den Wanderstab und arbeitete eine Zeit lang in Genf und in der Waadt und schliesslich mehrere Jahre bei der Familie von Diessbach im Freiburgischen. Nach fünf Jahren kehrte er nach Riggisberg zurück, wo er sich mit Elisabeth Stutzmann vermählte und mit ihr zusammen in Dürrbach eine Wirtschaft übernahm.

Politisch war Gehri ein Anhänger der radikalen Partei, der von seiner Gesinnung keinen Hehl machte. So erwuchsen ihm zahlreiche Gegner, was ihn schliesslich Zwang, die Wirtschaft aufzugeben. 1851 zog er nach Bern, wo er mit den Grössen der damaligen Radikalen verkehrte so mit Jakob Stämpfli, Niggeler, Snell, Ott und anderen.

 

Hier wurde er zum politischen Bildschnitzer, der durch seine Schnitzerei seine Gesinnung ausdrückte. Zahlreiche Spazierstöcke mi trutzigen Bärenfiguren als Sinnbild des Fortschritts und Jesuitenhüte als Sinnbild der Reaktion zeugen von seiner Einstellung. 

Gehri hielt es jedoch nicht lange in der Stadt. In seiner Heimatgemeinde Seedorf konnte er das Gut Dägelstein kaufen, wohin er bald mit seiner zahlreichen Familie zog. Hier verlegte er sich hauptsächlich auf die Gestaltung von Wirtshausschildern. Von seinem Können zeugten unter anderem folgende Schilder: der "Storchen" in Säriswil, der "Löwen" und der "Schwanen" in Aarberg, der "Bären" in Wengi, der "Bären" in Oberburg und der "Löwen" in Neuenstadt. In der näheren Umgebung fertigte er ebenfalls Grabkreuze mit selbst verfassten Trostsprüchen. Daneben arbeitete Gehri auch für zahlreiche Grössen der Politik: Für Frau Minister Kern in Paris eine Schatulle, für Bundesrat Knüsel einen Briefbeschwerer, für General Garibaldi eine Krücke mit der Devise:

"Zur Zeit des Sturmes, so wie heute, da sondert sich der Kern vom Spreu,

da lernt man kennen seine Leute - die meisten falsch, nur wenig' treu."

 

Für Napoleon III. schnitzte Gehri zwei Sparzierstöcke, für General Hans Herzog eine Tabakdose und für Oberrichter Rudolf Leuenberger einen Spazierstock. Daneben schnitzte Gehri verschiedene Ehrengaben für eidgenössische Schützenfeste und andere gesamtschweizerische Anlässe. 1882 verstarb er, 74 jährig, auf dem Dägelstein.

1905 ca Karl Gehri, im Atelier (2).jpg

Karl Gehri (1850-1922)

 

1850 ist Karl Gehri als eines von elf Kindern des Bildschnitzers Christian Gehri in Seedorf geboren. Schon früh empfing er von seinem Vater zahlreiche künstlerische Anregungen.

 

Bald zeigte sich bei ihm ein besonderes Talent zum Zeichnen. Aus dem beliebten Disteli Kalender kopierte er unter kundiger Leitung seines Vaters zahlreiche Bilder.

 

Schon als Schulbube begleitete er seinen Vater zu verschiedenen Kunden. Die meisten zeichnerischen Darstellungen an Christian Gehris Schnitzereien stammen von Sohn Karl. Auch von seinen älteren Brüdern empfing Karl Gehri manche Anregung, waren sie doch beide Graveure.

1873 besuchte Karl Gehri während drei Monaten die Kunstschule Bern unter Huttler, Dietler und Wlach. Dann arbeitete er wieder auf eigene Faust im Dägelstein, zog durch die nähere Umgebung und skizzierte da ein Haus, dort ein Bauerngesicht. 

Im Winter 1881/82 verweilte er in München, wo er die Ateliers von Defregger und Konrad Grob besuchte. 1889 studierte er die Kunstsammlungen in Paris und zwei Jahre später weilte er zu einem Studienaufenthalt in Italien.

1880 gründete Karl Gehri in Oberlindach seinen eigenen Hausstand, mit der verwitweten Elisabeth König, die drei Kinder in die Ehe brachte. Ende des Jahres wurde er Vater von Vierlingen, zwei Mädchen und zwei Knaben. Im Verlaufe der Jahre gesellten sich weitere drei Kinder dazu. Um die schnell anwachsende Familie ernähren zu können, wer Karl Gehri unermüdlich an der Arbeit und begann unter anderem auch Fahnen zu malen. Eine solche befindet sich heute im Besitz der Schützengesellschaft Frienisberg. Mit Albert Anker,§ Walter von Vigier und anderen Künstlern zusammen erhielt er den Auftrag, eine Gotthelf Prunk-Gesamtausgabe zu illustrieren, die um die vorangehende Jahrhundertwende erschien und grosse Erfolge feierte.

Nicht nur als Illustrator und Porträtist machte sich Gehri einen Namen, auch seine Ölgemälde waren gern gesehen.
Das Bild "Die goldene Hochzeit" das nebst anderen Werken vom Kunstmuseum Bern angekauft wurde, wurde gedruckt und fand als lithografischer Abdruck in manchem Haus einen Ehrenplatz. Zeit seines Lebens musste Karl Gehri auch kleinere für ihn unbefriedigende Arbeiten annehmen, um seine Familie ernähren zu können. Er nannte sie "Brotkunst". 1886 zog die Grossfamilie nach Münchenbuchsee, ins Käch-Haus an der Moosgasse. Nach fast vierzigjährigem Schaffen in Münchenbuchsee verstarb Karl Gehri 1922 dort, im Alter von 72 Jahren.

Franz Gehri, Atelier.jpg

Franz Gehri (1882-1960)

1882 ist Franz Gehri als eines von zehn Kinder des Kunstmalers Karl Gehri ebenfalls in Seedorf geboren und in Münchenbuchsee aufgewachsen.

Er hat von seinem Vater das künstlerische Talent geerbt und fiel schon in jungen Jahren durch sein zeichnerisches und gestalterisches Können auf. Nach einem Jahreskurs in der Handelsschule Lausanne besuchte er drei Jahre lang die Kunstgewerbeschule in Bern.

Ein Jahr nach Abschluss dieser Schule gelang ihm die Aufnahme in die Münchner Kunstakademie, wo er insbesondere unter Professor Halm arbeitete. Von dort aus brachte ihn ein Stipendium für Jahre nach Paris. 

Der Kontakt mit vielen berühmten Malern vermittelte Franz Gehri neue Kunsterlebnisse  und Anregungen. Von Paris führte der Weg zurück nach München, wo er noch das Radieren lernte. Ein weiteres Stipendium erlaubte ihm eine Reise nach Italien, wo Florenz und Rom zu den bedeutendsten Zentren der Kunst gehörten. Zurück in der Schweiz, arbeitete er mehrere Jahre zusammen mit seinem Vater in Münchenbuchsee.

1914 heiratete Franz Gehri Elsa Bannholzer und liess sich auf dem Hasliberg nieder, das ihm zur zweiten Heimat wurde. In den zwanziger Jahren eröffnete er in der Gerechtigkeitsgasse in Bern ein Atelier und hielt sich dann bald in Bern, bald auf dem Hasliberg auf. Weitere Studienreisen führten ihn nochmals nach Paris, Südfrankreich, Wien, Budapest und ins Burgund. 

 

Auch Franz Gehri war in seinem Schaffen unermüdlich. Mit seinem Skizzenbuch durchstreifte er das ganze Oberland und setzte zu Hause das flüchtig Skizzierte in Ölmalerei um. Sein Stil entspricht keiner der damals grossen Stilrichtungen. Er blieb stets ein gegenständlicher Maler, für die Abstraktion hatte er wenig übrig. Seine Bilder zeugen von einer ausgefeilten Technik. Im Jahr 1960 verstarb Franz Gehri, 78 jährig, auf dem Hasliberg als angesehener Maler.

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